
Kutaisi, eine Liebe auf den zweiten Blick. Ich gebe zu: Die zweitgrößte Stadt Georgiens hat uns beim Ankommen einen kleinen Kulturschock verpasst. Allerdings haben wir so die Hauptstadt Tiflis erst wirklich schätzen gelernt. In Kutaisi findest Du kein prunkvolles Bäderviertel und auch keine Touristenmeile, dafür aber liebevoll eingerichtete Restaurants mit Wohnzimmeratmosphäre, Klöster, einen spannenden Markt, wohin sich wohl kein Tourist (in der Nebensaison) verirrt, einen schaurig-schönen Vergnügungspark und atemberaubende Natur.
Kutaisi war die erste Stadt, die wir nach unserer Ankunft in Georgien sahen und sie verpasste uns in den ersten beiden Tagen den erwarteten Kulturschock. Georgien ist, sieht man mal von der Altstadt in Tbilisi ab, keineswegs ein Land, das auf den ersten Blick schön ist. Ganz im Gegenteil, die bebauten Gebiete ähneln oftmals eher verfallenen Ruinen. Leere Plattenbauten, bröckelnde Farbe, kaputte Straßen: Überall im Land sieht man die verheerenden Auswirkungen der Kriege, des Zusammenbruchs der Sowjetunion und des Wirtschaftskollaps, der das Land nach seiner Unabhängigkeit in Armut stürzte. So auch in Kutaisi: Nach der Unabhängigkeit Georgiens 1991 brachen die wirtschaftlichen Verbindungen ab und die zweitgrößte Stadt Georgiens verfiel in Agonie.
Wie ich es aber im Reiseguide noch etwas ausführlicher beschrieben habe: Georgien ist auch das Land, in dem zwischen verfallenen Fassaden ein elektrisierendes Potpourri aus verschiedensten Kulturen und Religionen brodelt, wo bunte Webteppiche das Grau der Fußböden verdeckt und wo sich hinter jedem grimmig dreinblickenden Gesicht ein freundliches Lächeln verbirgt, wenn man denn nur mit einem netten “Gamardschoba” grüßt.

Literatur-Tipps für Georgien*:
Anreise nach Kutaisi
Kutaisi ist die perfekte Stadt, um in Georgien anzukommen. Sicher wäre der Kulturschock in Tbilisi [Tiflis] viel schwächer ausgefallen, allerdings hätten wir dort auch einen falschen ersten Eindruck vom Land bekommen. Mit WIZZ Air kannst Du direkt von Deutschland nach Georgien fliegen und sparst die so den Gabelflug über Istanbul nach Tbilisi [Tiflis]. An dem kleinen Flughafen stolperst Du direkt hinter der Passkontrolle in den Verkaufsschalter für Bustickets nach Kutaisi. Das Wort “Bus” solltest Du an dieser Stelle nicht so ernst nehmen… In der Nebensaison sind Busse eher Taxis und die Taxis eher alte Autos mit oder ohne gerissenen Frontscheiben. Das spielt allerdings gar keine Rolle, denn die Georgen kennen ihre Straßen und ihre Autos wahrscheinlich besser als Tim seinen Struppi. In zwanzig Minuten und für 5 Lari balancieren sie Dich mit Feingefühl um jedes Schlagloch herum in die Stadt.

By the way: Wenn Du Dir über deine Reiseroute noch nicht ganz im Klaren bist, findest Du außerdem einen eigenen Artikel zu unserer. Dort stelle ich jede unserer Stationen kurz vor und zeige Dir außerdem alternative Punkte, für die unsere Reise leider zu kurz war.
Übernachten in Kutaisi
In Kutaisi (wie auch in den meisten anderen Orten Georgiens) gibt es inzwischen Hotels, wenn auch nicht so eine reiche Auswahl wie in vergleichbar großen mitteleuropäischen Städten. Aber, who cares, denn die Guesthouses, also die privaten Unterkünfte, sind sowieso so viel schöner und Du bekommst dort viel leichter die Möglichkeit mit den Menschen zu sprechen.
Unsere Unterkunft, das kleine Nest House, 5 Minuten vom Stadtzentrum entfernt, war eine wundervolle Wahl. Denn hier an der Schwelle zum Haus, fanden wir sie: Die berühmte georgische Gastfreundschaft – keine halbe Stunde, nachdem wir aus dem Flughafen getreten waren. Wir waren so gerührt, als uns die Mutter unseres Gastgebers Levani mit Kaffee, Tee, Brot und Marmelade in Empfang genommen und trotz aller Sprachbarrieren uns auch noch die georgische Ostertradition, das Aufeinanderschlagen von roten, hartgekochten Eiern, mit uns geübt hat.

Diese Orte in Kutaisi solltest Du unbedingt sehen
Kutaisi ist zwar die zweitgrößte Stadt Georgiens und obwohl ich ihr nicht absprechen möchte, viele schöne versteckte Winkel zu haben, brauchst Du kaum mehr als einen Tag um die wichtigsten Orte innerhalb der Stadt zu sehen. Jetzt kommt es wirklich darauf an, wie Du am liebsten reist und wie viel Zeit Du hast.

In der Stadt
Der Markt
Wo kann man schon einen besseren ersten Eindruck von einem Land gewinnen, als auf seinen Märkten!? Ich meine: Was essen und trinken die Menschen, welche Gewürze benutzen sie, wie sprechen sie miteinander und gibt es vielleicht ein Gemüse, das ich noch nie zuvor gesehen habe? Ich finde Märkte jedenfalls immer unglaublich spannend. Schon allein, weil ich das Gefühl habe, dass alle Menschen auf der ganzen Welt immer genau wissen, wie man frische, regionale und unverpackte Produkte kauft, außer wir Deutschen. (okay, kein Hate gegen Deutschland: Ich liebe unser Sozial- und Krankenkassensystem, aber hinsichtlich unserem Umgang mit Lebensmitteln schaue ich immer neidisch auf andere Länder).





Restaurant Palaty
Apropos Essen: Unsere Vermutungen zur georgischen Küche bestätigten sich an unserem ersten Abend im Restaurant Palaty. Und das noch so viel besser als erwartet: In dem kleinen Restaurant, das eher einem Wohnzimmer gleicht, haben wir an drei Abenden sehr lecker gegessen. Mein Lieblingsessen: Pelmeni mit reichlich Koriander und einer süßsauren Tunke.



Restaurant Papavero



Bagrati Kathedrale

Zeitreise mit der Funicular
Wie in vielen georgischen Städten gibt es auch Kutaisi eine alte Funicular. Spätestens diese klappernde kleine Seilbahn wird Dich, wenn Du noch immer nicht das Georgien-Gefühl gefunden hast, mit ihrem Sowjet-Charme in die richtige Stimmung versetzen.





Hier kam mir zum ersten Mal ein Satz ins Gedächtnis, den ich so zuvor über Kuba gelesen hatte:
Menschen,
die darauf keine Lust haben,
fahren morgens mit Bussen,
die nicht funktionieren,
zu Fabriken, wo sie nichts tun,
wofür sie kein Geld kriegen,
und gehen abends nach Hause,
wo es keinen Strom gibt,
für den sie nichts bezahlen.[Jürgen Schäfer]
Sicher ist diese Beschreibung längst nicht mehr für jeden Teil Kubas zutreffend und sicher noch etwas weniger für Georgien. Und trotzdem spürten wir auch hier die ständige Anwesenheit des Kommunismus, der wie ein Geist über dem Land schwebt. Vor allem hier, an der Funicular und im Vergnügungspark, wo Menschen, die darauf keine Lust haben, in Schalthäuschen von Fahrgeschäften sitzen, die keiner fahren möchte, wofür sie kein Geld kriegen…
Ausflüge in die Umgebung
Kutaisi hat ein sehr spannendes Umland – der Grund, weshalb wir insgesamt zweieinhalb Tage in der sonst so kleinen Stadt verbracht haben.
Prometheus Caves
Hier kannst Du sehr viel Glück, aber auch Pech haben. Aber zuerst einmal: Die Prometheus Höhlen sind riesige Tropfsteinhöhlen bestehend aus einer Vielzahl an Gängen und Sälen auf 1,2 km. Das Höhlensystem selbst ist um ein Vielfaches größer. Durch die einzelnen Säle fließt ein Rinnsal, das mancherorts so groß wird, dass es sogar möglich ist, eine Bootstour zuzubuchen. Die Höhle ist im Vergleich zu anderen Tropfsteinhöhlen wirklich riesig und bisher habe ich nur eine weitere gesehen (die Postojna Höhlen in Slowenien), die größer waren. Leider leidet die Atmosphäre ein bisschen unter den kitschig bunten Lichtern.

Hinkommen: Da die Fahrt mit verschiedenen Maschrutki und Taxis vor allem in der Nebensaison sehr kompliziert ist, empfehlen wir Dir wärmstens, Dir in Kutaisi einen Taxifahrer zu suchen, der Dich zur Höhle und wieder zurück bringt.
Gelati & Motsameta
Die beiden Klöster Gelati und Motsameta liegen recht nah beieinander und sind beide so atemberaubend schön, dass Du keines von beiden verpassen solltest.







Hinkommen: Die beiden Klöster zu sehen ist – zumindest in der Nebensaison – ein bisschen tricky. Am einfachsten ist es, wenn Du die Maschrutka vom Busbahnhof in der Brose Straße hinter dem Schauspielhaus (wochentags 8, 11, 14, 16, 18 Uhr) für einen Lari zum Kloster Gelati nimmst. In der Windschutzscheibe liegt ein Bild des Klosters, sodass Du die richtige Maschrutka gar nicht verfehlen kannst. Je nachdem, wann Du ankommst, dauert es allerdings auch 2 – 3 Stunden, bis Du mit der nächsten zurückfahren kannst. Deshalb entschieden wir uns, die Serpentinen bis zur Hauptstraße zurückzulaufen (das dauert etwa 20 Minuten). An der Hauptstraße hielten wir die nächstbeste Maschrutka in Richtung Kutaisi, also in Richtung Motsameta, an und baten den Fahrer uns am richtigen Abzweig abzusetzen. An dieser Stelle sind es etwa 20 Minuten Fußmarsch auf der asphaltierten Straße. Einmal oben angekommen findest Du nach deinem Besuch mit Sicherheit ein Taxi am Eingang des Klosters oder nimmst den gleichen Weg zurück. Mehr Infos zum Maschrutka fahren findest Du im Reisguide.
Okatse Canyon
Okatse Canyon ist etwa etwa eine Autostunde von Kutaisi entfernt. Dieser 100 Meter tiefe Canyon liegt völlig verborgen hinter unspektakulären Wiesen und Hügeln. Leider gibt es derzeit noch sehr wenig Informationen zu diesem Canyon, sodass wir unseren Besuch leider viel zu wenig genießen konnten. Aber lass mich erklären:





Was uns der Dichter damit sagen will: Ihr Lieben, zieht die Wanderschuhe an, packt eine große Wasserflasche ein und genießt den wunderschönen Canyon und die atemberaubende Aussicht! Euch erwarten ein 2 km langer abfallender Hinweg, ein 15-minütiger (Treppen)anstieg und – wenn ihr kein Taxi für 20 Lari am Canyoneingang bezahlen wollt – ein 2 km langer Rückweg bergan, für den ihr etwa 45 Minuten braucht. Völlig unproblematisch und wunderschön, wenn ihr nicht wie wir die ganze Zeit Panik schiebt.
Mehr Georgien? Hier findest Du alle bisher erschienenen Artikel:
- Georgien: Die perfekte Reiseroute für 10 Tage
- Reiseguide Georgien: Alle Infos, die Du brauchst
- Georgien: Achalziche & das Höhlenkloster Vardzia
- Tiflis [Tbilisi]: 4 Tage in der Hauptstadt Georgiens
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Meine Frage bezog sich auf den Okatse Canyon, sorry 🙂
Hey Stefan, kein Thema 😉 Laut meiner letzten Info fahren Maschrutkas vom McDonalds in Kutaisi nach Khoni (ab 8 Uhr jede volle Stunde) und von Khoni 11 Uhr eine zum Canyon. 16 Uhr fährt die Maschrutka vom Canyon zurück nach Khoni. Hin- und rückzu gibts aber immer nur die eine Verbindung. Es kann aber gut sein, dass es inzwischen eine Direktverbindung gibt. Viel Erfolg und liebe Grüße, Magda
Liebe Magda, vielen Dank für Deinen Bericht. Ich reise im September nach Georgien. Gibt es auch Maschrutkas dorthin?
Magda, was für ein toller Beitrag, das macht mir extrem Lust auf Georgien! Vor allem der Wanderweg, vom Schluss wäre total mein Ding.
Liebste Grüße
Anni
Hey Anni, vielen Dank! 🙂 Dann ab nach Georgien mit Dir, es ist wirklich wunderschön! Ich bin mir sicher, dass es Dir dort sehr gefallen würde. Da gibt’s auch noch jede Menge mehr Wanderwege und überall niedliche Katzen 😉 Liebst, Magda